ARTIKELKOPIE ©TZ MÜNCHEN VOM 04.04.2016


Umsatzeinbrüche wegen Dauerbaustelle

Pasinger Geschäftsleute wollen die Stadt verklagen

München - Für viele Pasinger war das Jahr 2009 das Ende ihres geliebten Stadtteils. Es war das Jahr, als das Zentrum zu einer jahrelangen Großbaustelle wurde.

Für viele Geschäftsleute war diese Zeit existenzbedrohend, ihre Umsätze rutschten ins Bodenlose. Deshalb sagen jetzt rund 20 Pasinger Geschäftsinhaber der Stadt München den Kampf an. „Wir bereiten eine Klage wegen Schadensersatz vor“, bestätigt Rechtsanwalt Michael E. Duvernoy.

 

Eine gütliche Einigung scheint nicht möglich zu sein. „Oberbürgermeister Dieter Reiter sieht bei der Stadt keinerlei Versäumnisse während der Bauphase“, sagt Jens Krumpholz. Der Parketthändler ist einer der betroffenen Geschäftsleute, die unter den vielen Dauerbaustellen in Pasing gelitten haben. „Mein Umsatz ist um die Hälfte zurückgegangen, als die Bodenseestraße vor meinem Geschäft für Monate aufgerissen war.“

 

Und, so Krumpholz weiter: „Die massive Umgestaltung hat die gewachsene Struktur zerstört und die Kunden vertrieben.“ Kaum einer, so der Parketthändler, fand damals noch den Weg zu den Geschäften entlang der Landsberger Straße, der Gleichmann-, Spiegel-, oder Bäckerstraße. Mehrere Dutzend Traditionsläden mussten schließen. „Sie machten keinen Umsatz mehr, mussten aufgeben.“
Nach der Umgestaltung, so versprach die Stadt München, würde das Zentrum attraktiver sein: Es würde einladen zum Flanieren und Platz bieten für tolle Gastro-Angebote. Der Marienplatz, der Bahnhofsplatz und das Areal rund um die Pasing-Arcaden würden zu einem einzigen Erlebnisraum werden.

Tatsächlich aber spielt sich das Leben jetzt an den Pasing Arcaden ab, zu den übrig gebliebenen Traditionsgeschäften verirrt sich kaum noch ein Kunde. „Der neu gestaltete Marienplatz ist völlig verödet, eine einzige Pflastersteinwüste“, schimpfen die Geschäftsleute, die sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengetan haben.

 

Während der fast sechsjährigen Bauzeit haben etliche Geschäftsleute um ihre Existenz gekämpft – und tun es auch heute noch. „Mein Umsatz ist gegen null gegangen“, sagt beispielsweise Christoph Stahl. Der Inhaber eines Fahrrad- und Skigeschäftes an der Landsberger Straße leidet heute noch unter den massiven und jahrelangen Baumaßnahmen: „Ich war quasi abgeschnitten vom Straßennetz. Meine Kunden fanden nicht mehr zu mir.“
So wie dem Radl-Händler ging es vielen Geschäftsleuten. Aufgerissene Straßen und Gehwege, Staub und Dreck sowie unklare Beschilderung verprellten die Kunden. „Sie wussten teils gar nicht, wie sie zu uns gelangen sollten“, beschreibt Dieter Janssen, der seit mehr als 20 Jahren den Schreibwaren-Pavillon an der Gleichmannstraße hat, die Situation.

„Während der fast sechsjährigen Dauerbaustelle haben rund 100 Geschäfte zugemacht“, berichtet Parketthändler Jens Krumpholz. Er und seine Mitstreiter sind fest entschlossen, vor Gericht um Schadensersatz zu kämpfen – auch wenn die Stadt München offenbar jede Verantwortung für die existenzbedrohlichen Umsatzeinbußen von sich weist. 

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