artikelkopie ©abendzeitung vom 06.07.2013


Foto: Gregor Feindt
Foto: Gregor Feindt

Pasinger Geschäftsleute klagen

"Baustellen machen unsere Geschäfte kaputt"

Er verlangt Entschädigung: Der Apotheker Robert Scheerer macht seit Baubeginn Verluste. Der Verein „Aktives Pasing“ hat einen Brief an OB Ude geschrieben. Foto: Gregor Feindt

 

Überall in der Stadt wird gebaggert und gebaut. Pasing trifft es besonders hart. Hier klagen besorgte Ladeninhaber über einen Kunden-Rückgang von bis zu 70 Prozent. Die AZ hat sich umgehört

Pasing - Eigentlich sollte das Geschäft jetzt brummen. Eigentlich kommen die Münchener um diese Jahreszeit in Scharen, kaufen Schürzen, Dirndl, Lederhosen. Doch Christiane H. (47) steht allein in dem großen Laden in der Pasinger Bäckerstraße. Verkauft hat sie heute noch nichts.

 

Seit fünf Jahren wird in Pasing gebaut. Erst die Arcaden, dann die Verlängerung der Tramlinie 19. Ein Gang durch die Bäckerstraße wird schnell zur Tortur; die Gehwege sind an einigen Stellen für einen Kinderwagen zu eng, überqueren kann man die Straße nur an den Lücken in der Baustelle. Parken ist unmöglich.

Es ist ein bisschen ungemütlich geworden in Pasing. Die Fußgänger hetzen, statt zu bummeln - und das spüren die Ladenbesitzer.

30 bis 70 Prozent weniger Kunden kommen seit Baubeginn der Arcaden im Frühjahr 2008 in die kleinen Geschäfte, klagen deren Inhaber. Umsatzeinbrüche von 50 Prozent seien normal. In Christiane H.’s Trachtenladen arbeitet nur eine Verkäuferin, früher waren es drei. Das untere Stockwerk ist geschlossen: Wo letztes Jahr Männer- und Kindermode stand, befindet sich nur noch ein Lager. Ein Jeanshändler hat seine zweite Filiale geschlossen, selbst die eine kann er nur schwer halten. „Natürlich hat niemand Lust, bei dem Chaos nach Pasing zu kommen“, sagt er traurig. „Die Baustellen zerstören mein Geschäft.“

 

Optimistischer sieht das Andi Lill, Sprecher der Pasinger Viktualienmarkthändler. Er verkaufe eben „ein bisschen weniger Kirschen“, findet aber: „Rummotzen ändert sowieso nichts.“ Die Markthändler befinden sich allerdings in einer anderen Lage: Ihre Pacht ist umsatzbedingt: Wer weniger einnimmt, zahlt auch weniger Miete.

Neben den Ständen und Läden befinden sich auch 40 Arztpraxen in der Gleichmannstraße und Umgebung – rund 1500 Patienten versorgen sie täglich. Doch nun können die Patienten nicht mehr parken... „Hier herrscht das reinste Verkehrschaos“, sagt Robert Scheerer, Apotheker und Mitglied des Vereins „Aktives Pasing“. „Wie die Patienten jetzt oder nach den Bauarbeiten zu ihren Ärzten gelangen sollen, weiß niemand.“

Gemeinsam mit einem Stadtrat hat der Verein im Juni einen Brief an OB Christian Ude geschickt – mit der Bitte, sie zu entschädigen. „Viele Geschäfte sind am Ende“, sagt Scheerer. Eine Antwort haben sie noch nicht erhalten.

Mitte Dezember soll die Tram wieder durch Altpasing kurven, laut Stadtwerken kam es bislang nicht zu einer Verzögerung im Zeitplan.

Ob sich der Pasinger Einzelhandel wieder erholt, halten manche für ungewiss. Nicht nur wegen der Baustellen, sondern auch wegen der Arcaden, der mächtigen Konkurrenz.

Eine Kundin betritt das Trachtengeschäft. „Was darf’s sein?“, fragt Christiane H. Doch die Dame möchte nur etwas zurück geben.

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